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1313 Mittwoch 11.06.2014

Zürcher Prostituierte füttern die Stadtkasse

Einnahmequelle Strassenstrich: Die Billettautomaten für Prostituierte haben im ersten Jahr knapp 80'000 Franken in Zürichs Stadtkasse gespült.

Sie sind ein landesweites Novum: die beiden Zürcher Strassenstrichautomaten. Die umgerüsteten Parkuhren stehen an der Gräbligasse im Niederdorf und seit August beim Strichplatz in Altstetten. Davor befand sich dieser Automat am Sihlquai. Seit genau einem Jahr müssen Prostituierte, die in Zürich auf dem Strassenstrich anschaffen, an den Automaten ein Ticket für 5 Franken lösen. Damit dürfen sie eine Nacht lang in den dafür bestimmten Zonen Freier anwerben.

43 Tickets pro Tag

Jetzt zeigt sich, welchen Zustupf die Billettautomaten für Prostituierte an die Stadtkasse leisten. Nach Angaben des Polizeidepartements von Richard Wolff (AL) hat die Stadt in den ersten zwölf Monaten seit Inbetriebnahme 78'000 Franken mit den beiden Ticketautomaten verdient. Umgerechnet lösten demnach täglich im Schnitt 43 Prostituierte ein Strassenstrichticket. Das entspricht Einnahmen von rund 214 Franken pro Tag.

Laut Polizeidepartementssprecher Robert Soos entfielen 30'500 Franken auf das Gerät im Niederdorf. Mit dem zweiten Automaten verdiente die Stadt am Sihlquai zwischen Januar und August 39'500 Franken. Seit er am Strichplatz Altstetten steht, gingen die Einnahmen allerdings deutlich zurück. Von Ende August bis Dezember wurden dort nur noch Tickets für 8000 Franken gelöst. Das entspricht täglich rund zwölf Tickets. Robert Soos: «Der Automat wies am Sihlquai deutlich höhere Frequenzen auf als auf dem Strichplatz.»

Zur Frage, ob die Ticketeinnahmen über oder unter den Erwartungen der Stadt liegen, meint der Sprecher: «Die Stadt hat keine Erwartungen in Bezug auf den Ticketverkauf.» Die Automaten erfüllten ihren Zweck bei der Regelung der Prostitution. Es sei zurzeit auch nicht geplant, weitere Geräte in Betrieb zu nehmen. Immerhin haben die Apparate den Kaufpreis von 23'000 Franken bereits amortisiert. Das eingenommene Geld wird nicht etwa für die Reinigung des Strichplatzes oder die Prävention verwendet. Laut Soos ist es nicht zweckgebunden und fliesst in die allgemeine Stadtkasse.

Die Billettautomaten sind Bestandteil des neuen Prostitutionsregimes in Zürich, das seit Anfang 2013 in Kraft ist. Ein Ticket können die Sexarbeiterinnen erst lösen, wenn sie das Anmeldeprozedere bei den Polizei- und Sozialbehörden bestanden sowie eine Gebühr von 40 Franken bezahlt haben. Danach erhalten sie die Bewilligungsnummer, die sie am Ticketautomaten eintippen müssen. Der Apparat akzeptiert nur Franken, keine Euro. Und er gibt kein Retourgeld.

Die Automaten würden von den Prostituierten gut akzeptiert, sagt Polizeidepartementssprecher Soos. Diese Erkenntnis habe sich bereits wenige Wochen nach der Einführung gezeigt. Es sind auch weder Reklamationen von Anwohnern im Niederdorf noch irgendwelche Vandalenakte bekannt. Die Automaten funktionierten bisher einwandfrei.

«Geld für Beratung verwenden»

Die Stadtpolizei kontrolliert laut Sprecherin Judith Hödl regelmässig, ob Prostituierte auf der Strasse ihre Bewilligung und das Ticket bei sich tragen. Es komme ab und zu vor, dass Frauen ohne Ticket angetroffen würden. Genaue Zahlen liegen nicht vor. Die Frauen würden nicht gebüsst, sondern ermahnt. Wird eine Frau allerdings trotz Mahnung wiederholt ohne Ausweis und Ticket erwischt, riskiert sie den Verlust der Arbeitsbewilligung. Schärfer geht die Polizei gegen Prostituierte und Freier ausserhalb der regulären Strichzonen vor. Laut Hödl wurden im letzten Jahr deswegen auf dem ganzen Stadtgebiet mehrere Hundert Frauen und Männer verzeigt.

Die Zürcher Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) steht den Strichautomaten kritisch gegenüber: «Ein Instrument mehr, um Sexarbeiterinnen zu kriminalisieren», sagt Sprecherin Rebecca Angelini. Ihr seien mehrere Fälle bekannt, in denen Frauen, die mehr als dreimal ohne Ticket angetroffen wurden, die Arbeitsbewilligung für das ganze Jahr entzogen worden sei. «Wenn die Stadt schon solche Einnahmen generiert, wäre es wünschenswert, sie würde das Geld zugunsten von Sexarbeiterinnen einsetzen», findet Angelini. Der Automat sei Teil des repressiven Zürcher Massnahmenpakets gegen Sexarbeiterinnen. Deren Situation habe sich im letzten Jahr klar verschlechtert. Anfang Dezember hatten vier Fachstellen im Namen von 200 Prostituierten bessere Arbeitsbedingungen und weniger Repression gefordert. Sie sprachen von prekären Verhältnissen und einer Verschiebung des Gewerbes in den Untergrund.

brazil